3D-Technologie SmoothRide von Topcon am Frankfurter Flughafen
Startbahn West wieder smooth und ohne Wellen
Mit bis zu 450 Starts pro Tag ist die Startbahn West die meistgenutzte Startbahn des Frankfurter Flughafens – mehr als jedes zweite Flugzeug startet von dort. Enorme Kräfte und Lasten wirken täglich auf die Oberfläche ein und belasten neben witterungsbedingten Beschädigungen die Struktur von Asphaltdecke und Unterbau. Regelmäßig wird daher die Oberfläche der stark beanspruchten Startbahn erneuert. Bei diesem Projekt wurde der nördliche Teil der Startbahn auf einer Länge von rund 1,4 km und einer Breite von 31 m in nur fünf Tagen erneuert.
Zahlreiche Besonderheiten und Herausforderungen musste das Topcon-Team bei diesem anspruchsvollen Projekt meistern: Bereits in der Planungsphase war Topcon mit Projekteigner Fraport, den Airlines, den zuständigen Behörden und der Deutsche Flugsicherung (DFS) beteiligt, denn das knappe Zeitfenster von fünf Tagen und sechs Nächten gab einen strikten Ablauf vor, der keinesfalls unterbrochen werden durfte. Von Anfang an war klar, dass die Fräsarbeiten auf der Startbahn aufgrund der hohen Baustellenverkehre nur nachts durchgeführt werden können. Stichwort Zugang: Die Startbahn zählt zu den Flughafenbereichen mit maximalen Sicherheitsanforderungen, ergo musste jeder einzelne LKW und jede einzelne Person vor dem Betreten sicherheitstechnisch überprüft werden. Insgesamt waren über 100 Personen im Mehrschichtbetrieb beschäftigt.
Axel Konrad, zuständig als Projektleiter auf Seiten des Projekteigners Fraport, beschreibt die Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten: „Wir hatten bereits während der bauma 2016 den ersten Kontakt zu Topcon. Auch bei allen folgenden Meetings war die Atmosphäre sehr gut, von Vertrauen und höchster Kompetenz geprägt. Das ist – insbesondere vor dem Hintergrund unserer Sicherheitsanforderungen – essentiell für ein solches Projekt. Bei dieser Verschleißschichterneuerung wollten wir von Fraport die größtmögliche Qualität haben und das modernste Verfahren anwenden, daher haben wir uns für Topcon und das System SmoothRide entschieden“.
Scan der Oberfläche mit Scanner RD-M1
Bevor die ersten Baumaschinen starten konnten, musste die zu bearbeitende Fläche präzise vermessen werden. Dabei hat sich das System SmoothRide von Topcon, bei dem die vorhandene Startbahn mit einem auf einem Fahrzeug montierten Scanner aufgenommen wurde, ausgezeichnet bewährt: „Unser Auftrag war, ein präzises Datenmodell der Startbahn zu erstellen. Die Maschinensteuerung der Fräsen sollte zwingend ohne Verwendung optischer Instrumente erfolgen. Nur dadurch konnten sechs Großfräsen gleichzeitig exakt arbeiten. Mit bisher verwendeten Maschinensteuerungen wäre dieses Projekt nicht durchführbar gewesen. Ausschließlich mit unserem Arbeitsprozess, bestehend aus dem Scanner RD-M1, der Planungssoftware Magnet Office Site Resurfacing und der RDMC-Maschinensteuerung, ist so ein komplexes Projekt durchführbar“, so Projektleiter Karsten Dietrich. „Wir haben den gesamten Sanierungsbereich von ca. 45.000 m2 in rund drei Stunden komplett mit unserem Scanner befahren. Als Ergebnis erhielten wir eine hochgenaue homogene Punktwolke der bestehenden Startbahn in 2-cm-Auflösung“, erläutert Karsten Dietrich.
Alleinstellungsmerkmal: Fräsen mit variabler Tiefe
Das Einzigartige an der SmoothRide-Technologie von Topcon ist die Möglichkeit, nach erfolgtem Scan und 3D-Modellerstellung die Fräsen mit diesen Daten zu versorgen, und passend zur vorhandenen Oberfläche mit variabler Frästiefe immer nur soviel Material wie nötig abzutragen. So ist garantiert, dass mit nur einem Fräsdurchgang eine ebene Oberfläche für den nachfolgenden Asphalteinbau erzielt und außerdem material- und zeitschonend bedarfsgerecht gefräst wird.
Raimo Vollstädt, zuständig für die Modellplanung und das Maschinen-Setup bei Topcon, schildert diese besondere Ausgangslage: „Im Gegensatz zu herkömmlichen Straßenerneuerungen wurde die Startbahn – die 45 m breit ist – nur in der Mitte auf einer Breite von 31 m erneuert. Daher kam es speziell darauf an, dass die neue Oberfläche absolut gleichmäßig an die nicht erneuerten Seitenteile anschließt. Bereits beim Scannen hatten wir festgestellt, dass die Oberfläche in Längsrichtung recht wellig und ungleichmäßig war. Der Projekteigner hatte strenge Anforderungen an die zu erzielenden Längs- und Querneigungen. Insbesondere die geforderte Längsebenheit war für Fraport das wichtigste Kriterium“.
Axel Konrad erinnert sich an die erste Begehung: „Auf den ersten Blick wirkt das zu erneuernde Teilstück zwar wie eine Gerade und somit eher unkompliziert. Bei näherem Hinsehen zeigen sich dann allerdings die langgezogenen Wellen auf der Startbahn, die wir unbedingt geebnet haben wollten. Denn wenn beispielsweise ein A 340 startet, sorgen diese Wellen für unerwünschte Dynamik im Flugzeug. Also war dieses Projekt auch aus Sicherheitsgründen extrem relevant“.
Fehlerfreier Datentransfer zwischen Scanner, Software und Fräse
Die Datenprozessierung der Scandaten erfolgte in der Software Magnet Collage. Dort wird die aus den Überfahrten erstellte Punktwolke prozessiert. Anschließend gelangen diese Daten dann in das Programm Magnet Office Resurfacing, wo die eigentliche Planung erfolgt. Topcon erstellte für die Oberflächenerneuerung mehrere Varianten. Raimo Vollstädt und Thomas Reeh, Planer bei Fraport, finalisierten gemeinsam den endgültigen Entwurf. Bei diesem Projekt fanden sämtliche Datenübertragungen zwischen den einzelnen Komponenten per USB-Stick statt. Beim Einsatz des Topcon-Baustellenmanagementsystems SiteLink kann der komplette Datentransfer auch online direkt aus der Planungssoftware Magnet auf die Maschinen erfolgen.
Christoph Bertsch, bei Topcon zuständig für den Vertrieb Bau in Süddeutschland, war als zweiter Projektleiter ebenfalls mit der Oberflächenerneuerung betraut und skizziert die Herausforderungen: „Wegen der beim Scan festgestellten langen Wellen in Längsrichtung und der Tatsache, dass es sich um einen Teileinbau handelte, war es zwar ein aufwändiges Projekt. Aber mit SmoothRide hatten wir das ideale System dafür. Die größte Herausforderung war neben der sehr knappen Zeit der korrekte Anschluss des neuen Oberflächenstücks an die bestehenden Seitenflächen. Aber wir haben gemeinsam mit unseren Partnern bewiesen, dass die Fräsen exakt so gearbeitet haben, wie es vom Auftraggeber gewünscht wurde – auch hinsichtlich internationaler Standards bei der Längs- und Querneigung der Startbahn“.
Punktgenaues Abtragen des Materials in nur einer Überfahrt
Nachdem die Strabag AG mit der Durchführung der Bauarbeiten beauftragt wurde und die ersten Vorarbeiten abgeschlossen waren, trugen im nächsten Schritt die 3D-gesteuerten Fräsen die alte Asphaltoberfläche samt Binderschicht ab, anschließend wurde innerhalb eines sehr knappen Zeitfensters die neue Oberfläche eingebaut. Alle Arbeiten mit hohem Baustellenverkehr wurden aus logistischen Gründen in die Nachstunden verlegt. So konnte man die morgend- und abendlichen Berufsverkehre weitestgehend umgehen. Auf den sechs Asphaltfräsen wurde die Bestandsoberfläche als Referenz zur automatischen Steuerung der Frästrommel verwendet. So wird an jeder Stelle exakt die richtige Materialmenge abgetragen. Das bedeutet eine Einsparung an Material und Zeit – sowohl beim Abtragen der Oberfläche als auch beim anschließenden Oberflächeneinbau.
Abschließende Kontrollmessungen der neuen Oberfläche
Während des Fräsvorgangs wurde die Fräsfläche von Vermessungsteams permanent vermessen. Dabei kam neben anderen Vermessungssystemen auch eine GT-Totalstation von Topcon zum Einsatz. Die sechs 3D-gesteuerten Großfräsen entfernten insgesamt 14 cm Asphaltdeck- sowie Binderschicht mit einem Gesamtgewicht von 16.000 t Material.
Der nächste Schritt bestand in einer intensiven Reinigung durch Kehrmaschinen, bevor zunächst ein Haftbelag als Grundlage für die neue Asphaltschicht aufgebracht wurde. Daraufhin wurde die 11 cm dicke Binderschicht aus asphalthaltigem Material eingebaut. Zu guter Letzt bildete dann der Einbau der Asphaltdecke mit 5 cm Dicke den Abschluss der Startbahnerneuerung. Nachdem die Oberfläche ausgekühlt war, konnten letztlich die Bodenmarkierungen aufgebracht und schließlich die LED-Befeuerung montiert werden.
Nach Abschluss der Maßnahme zeigte sich Projektleiter Axel Konrad hochzufrieden: „Die gefräste Oberfläche sah ausgezeichnet aus. Wir haben dann an verschiedenen Stellen Nachmessungen vorgenommen und konnten feststellen, dass unsere Vorgaben exakt eingehalten wurden. Und wir haben bereits sehr positive Rückmeldungen von Piloten und Airlines für diese exzellente Arbeit erhalten“.
So konnte die Oberfläche einer der wichtigsten Startbahnen des Frankfurter Flughafens innerhalb des vorgegebenen Zeitfensters und ohne den Fracht- und Personenverkehr zu beeinträchtigen, professionell und mit variabler Frästiefe erneuert werden.